Der Apostelbrief

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Männer in Erziehungsberufen

Erziehungsberuf

Frühpädagogik im Umbruch

Jeder, der Kinder hat, kennt die klare Rollenverteilung: Kindertageseinrichtungen (Kitas) sind fest in Frauenhand, Männer spielen höchstens in Grundschulen und auf Sportplätzen eine Rolle in der Frühpädagogik.

In Deutschland gibt es nach Statistiken der Bundesagentur für Arbeit 460.000 Erzieherinnen, aber noch nicht einmal 23.000 Männer, die diesen Beruf ausüben. Und obwohl sechs von zehn Kindern in Deutschland eine Kindertagesstätte besuchen (bei den drei- bis sechsjährigen sind es sogar 93 Prozent), übernehmen 95 Prozent weibliche Arbeitskräfte die Erziehung von Mädchen und Jungen.

Ursachen liegen in der Tradition

Nach Meinung von Experten liegt die Ursache in der Tradition der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung innerhalb der Familie und der häuslichen Erziehung. Diese setze sich auch in den modernen Kitas fort. Das Einkommen von Erziehern ist niedrig, der Arbeitsumfang hoch und die Aufstiegschancen extrem begrenzt. Ein unattraktiver Status also für das »starke« männliche Geschlecht.

Dabei zeigen Umfragen, dass Eltern sich für ihre Kinder Erzieherinnen und Erzieher wünschen. Auch in unserem Kindergarten gab es viel Zuspruch, als Tobias Stockerl als erster Kinderpfleger im Dezember 2011 in Gerbrunn anfing. Mittlerweile haben wir in unserem Kindergarten mit Oliver Kling einen weiteren jungen Mann, der in seinem freiwilligen sozialen Jahr das Team um Ina Oppenländer unterstützt.

Dass es in den Erziehungsberufen ein großes Geschlechterungleichgewicht gibt, bestätigt auch Tobias Stockerl: »Wir waren gerade einmal zwei Männer im Ausbildungsjahr, in der ganzen Schule drei.«

Rollenverteilung aufbrechen

Dabei mahnen Bildungsexperten vor einer einseitigen Erziehung: Wenn männliche Vorbilder fehlen, stelle das für Jungen und Mädchen gleichermaßen eine Benachteiligung dar. Viel besser sei es, wenn Kinder sich männlichen und weiblichen Bezugspersonen zuwenden könnten und das Zusammenleben der Geschlechter selbstverständlich im Kita-Alltag wäre. Wenn nur Frauen in Kitas arbeiten würden, stelle das eine Verzerrung der gesellschaftlichen Realität dar.

So drastisch will es unser Kinderpfleger Tobias nicht darstellen, bestätigt aber: »Es bringt was für alle Kinder, wenn eine Art Vaterfigur da ist.« Selber erst 22 kümmert er sich eher ums Grobe: Toben, Fußball spielen, Technik, Vorlesen. Dabei ist seine 40-Stundenwoche gut ausgelastet. Um 8 Uhr beginnt er mit gemeinsamem Spiel, bevor es in den Morgenkreis geht. Anschließend übernimmt er die Beschäftigung im Bewegungsraum. Nach dem Mittagessen liest er während der »stillen Zeit« vor, bevor es raus in den Garten geht. »Wenn dann alle Kinder abgeholt sind und die Räume sauber gemacht , gehe ich ziemlich platt nach Hause«, sagt Tobias.

Frühzeitige Berufung

Seine Entscheidung, Kinderpfleger zu werden, hatte Tobias recht früh getroffen. Schon in jungen Jahren kümmerte er sich gerne um seinen kleinen Bruder, in der 9. Klasse machte er zudem ein Schülerpraktikum. »Nach meiner Kinderpflegerausbildung habe ich meine erste Festanstellung in Gerbrunn bekommen und bin hier sehr glücklich«. Aktuell wohnt er in Kist und pendelt täglich mit dem Auto ins Neubaugebiet.

Damit Tobias nicht alleine bleibt, gibt es mit »Mehr Männer in Kitas« ein bundesweites Programm, bei dem mehr Erzieher für Kitas gewonnen werden sollen. Der Europäische Sozialfonds (ESF) und das Bundesfamilienministerium fördern die Initiative. »Die Männerquote wird hoffentlich steigen«, sagt Tobias zuversichtlich.

-JB-