Der Apostelbrief

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Wunder geschehen

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Als der zweite Weltkrieg schon verloren war und Deutschland größtenteils in Schutt und Asche lag, sang Zarah Leander den Schlager »Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh’n«. Wenn der Verstand uns sagt, dass die Lage hoffnungslos ist, hoffen wir auf ein Wunder, egal ob es sich um eine Prüfung handelt, auf die wir nicht richtig vorbereitet sind, oder ob wir von einer Krankheit betroffen sind, für die die Ärzte keine Erfolg versprechende Therapie kennen.

In der Bibel spielen Wunder eine große Rolle. Angefangen von den Wundern, die Mose vor dem Pharao tut, um die Macht Gottes zu demonstrieren, bis zu den Wundertaten der Apostel, von denen die Apostelgeschichte berichtet.

Während für die Zeitgenossen solche rational nicht verstehbaren Handlungen und Ereignisse nichts ungewöhnliches waren, tun wir Menschen des 21. Jahrhunderts uns weit schwerer damit. Wir sind es einfach gewohnt, alles auf natürliche Weise erklären zu können. Wenn das nicht geht, dann erwarten wir, dass eine solche Erklärung in Zukunft gegeben werden kann.

Seit der Zeit der Aufklärung versuchen selbst Theologen, die Wunder der Bibel auf natürliche Weise zu erklären, um sich nicht bei ihren Kollegen der anderen Fakultäten zu blamieren. Da wird die Speisung der 5000 zu einem spektakulären Beispiel mitmenschlicher Solidarität, die Heilung eines Blinden wird auf bestimmte Mineralien zurückgeführt, die in dem Erdbrei enthalten sind, den Jesus dem Blinden auf die Augen streicht, und wenn Jesus auf dem Wasser geht, muss da eben eine Sandbank sein, die bis fast unter die Wasseroberfläche reicht.

Wenn man versucht, Wunder auf diese Weise zu entschärfen, verpasst man leicht das Wesentliche. Bei Licht besehen ist es doch völlig egal, ob bei der Speisung der 5000 der Brot & Fisch Lieferdienst aus Kapernaum kam, ob eine spontane Umwandlung von Stein in Brot stattgefunden hat, oder ob die Menschen tatsächlich einfach das geteilt haben, was sie sowieso dabei hatten. Entscheidend ist, dass Jesus die Menschen, die ihm in die Wüste gefolgt waren, um seine Predigt zu hören, nicht hängen ließ, als die Mägen knurrten.

Wir sind heute gewohnt, etwas als verstanden einzustufen, wenn wir wissen, wie es funktioniert. Dieses Prinzip haben wir von den Naturwissenschaften gelernt und es funktioniert im Alltag auch meistens sehr gut.

Die Bibel erklärt eigentlich nie, wie etwas funktioniert. Weder bei der Schöpfung der Welt, noch bei der Auferstehung Jesu von den Toten erfahren wir, wie Gott das gemacht hat. Der Fokus der biblischen Berichte liegt auf der Erklärung warum, zu welchem Ziel etwas geschieht.

Wenn ein Kranker gesund wird, weil andere Menschen für ihn gebetet haben, ist das ein Wunder. Wenn Menschen für einen Kranken beten und der gesund wird, weil die Ärzte bei Diagnose und Therapie richtig liegen – ist das dann kein Wunder? Auch heute passieren immer wieder Wunder und dabei werden nicht zwingend Naturgesetze gebrochen. Unabhängig vom Mechanismus zeigen Wunder uns vor allem eins: dass Gott uns liebt und will, dass wir Gemeinschaft mit ihm haben.

-pv-