Der Apostelbrief

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Stark sein

Gedanken zur Jahreslosung 2012

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Liest man heutzutage eine Stellenausschreibung in der Zeitung oder im Internet, kann einem schon ganz anders werden, wenn man sieht, was da von den zukünftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verlangt wird: hervorragende Ausbildung, Fremdsprachen, Auslandserfahrung, aber bitte nicht älter als 25.

Wenn Gott Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter sucht, geht er ganz anders vor: als er Samuel zu Isai schickt, um einen von dessen Söhnen zum neuen König von Israel zu salben, ist es David, der jüngste von allen, der eigentlich noch gar nicht in Frage kommt, den Samuel salben soll.

Als Jesus seine Jünger beruft, geht er nicht in die Thoraschulen und holt sich die Elite der kommenden Theologengeneration. Stattdessen sucht er sich Fischer, Handwerker, und sogar Kollaborateure der römischen Besatzungsmacht. Allesamt waren sie eigentlich schon zu alt, um einem Rabbi nachzufolgen. Anscheinend hatte kein anderer Lehrer Simon, Andreas, Jakobus, Johannes und den anderen zugetraut, dass sie eine rabbinische Ausbildung schaffen könnten. Jesus beruft die zweite Garnitur, um die Welt zu verändern.

In seinem zweiten Brief an die Gemeinde in Korinth berichtet Paulus von seiner eigenen Berufung. Er versucht, den Korinthern klar zu machen, dass er nicht von Gott als Apostel ausgewählt wurde, weil er so klug und stark wäre. Im Gegenteil: Eine nicht näher beschriebene Krankheit hindert ihn immer wieder daran, sich zuviel auf seine eigene Leistung einzubilden.

Als Paulus betet, dass Gott ihm doch Gesundheit und mehr Leistungsfähigkeit schenken solle, antwortet der ihm »Lass dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig« (2. Kor. 12,9).

Dass Gott nicht auf die Leistungsträger und Superhelden fixiert ist, hat System. Gott hat jedem Menschen Begabungen gegeben, die wir in seinem Sinne einsetzen sollen. Aber wir sollen nicht versuchen, mit unseren eigenen Fähigkeiten etwas für Gott zu tun und uns dann etwas darauf einzubilden. Stattdessen will Gott selbst etwas durch uns bewirken. Wir sollen uns nicht auf uns und unsere eigene Kraft verlassen, sondern Gott vertrauen, dass er uns zur rechten Zeit in die Lage versetzt, seine Ziele zu erreichen.

Es mag paradox klingen, aber so funktioniert die göttliche Logik: je weniger wir selber können, desto weniger können wir Gott ins Handwerk pfuschen und desto mehr kann er durch uns bewirken.

-pv-