Der Apostelbrief

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Probebohrung

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Anfang August wurden in Chile 33 Bergleute in einem Kupferbergwerk verschüttet. In über 700 Metern Tiefe waren sie eingeschlossen und hatten keine Gelegenheit, irgendjemanden zu informieren, dass sie noch leben. Und auch an der Oberfläche wusste man nicht, ob die verschütteten Kumpel noch leben, oder ob sie, wie so viele vor ihnen, von den herabstürzenden Gesteinsmassen erschlagen worden oder erstickt waren. Die Kumpel richteten sich in einem stabilen Teil des Stollens so gut ein, wie das bei konstant 27 Grad und 80% Luftfeuchtigkeit ging. Mit den noch vorhandenen Werkzeugen gelang es ihnen, nach Wasser zu graben. Die knappen Vorräte wurden strengstens rationiert.

Aber die Eingeschlossenen wussten nicht, wie die Sache ausgehen würde. Siebzehn Tage und Nächte waren sie vom Rest der Welt abgeschnitten. Diese siebzehn Tage brachten die Männer an den Rand der Verzweiflung. Man kann sich nicht wirklich vorstellen, was in den Köpfen dieser Männer in dieser Zeit vor sich ging. Am siebzehnten Tag erreichte eine Sondierungsbohrung die 33 eingeschlossenen Kumpel. Sie waren also nicht vergessen oder aufgegeben worden. An der Oberfläche war offensichtlich eine umfangreiche Rettungsaktion im Gange.

Es dauerte noch weitere 52 Tage, bis die Männer an die Oberfläche geholt werden konnten. Aber nach der ersten erfolgreichen Bohrung wussten sie, dass an ihrer Rettung gearbeitet wurde. Sie hatten wieder eine Perspektive.

Die Welt, in der wir leben, ist nicht so, wie sie sein sollte – das spüren die allermeisten Menschen, unabhängig von Religion oder Weltanschauung. Fast Jeder und Jede hat eine Vorstellung davon, was gut und böse ist und erlebt im Alltag, dass das Böse allzu oft die Oberhand behält. Selbst der Apostel Paulus erkennt das und schreibt an die Gemeinde in Rom: »Das Gute, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich.« (Rö 7,19) Und Gott – was tut der? Warum rührt er sich nicht und greift ein, bei all dem Unrecht, das auf der Welt geschieht?

Aber Gott tut etwas. An Weihnachten erreicht uns die erste Sondierungsbohrung, eine Botschaft von oben, die uns signalisiert, dass wir nicht allein sind, sondern dass an unserer Rettung gearbeitet wird. Gott selbst macht sich sozusagen die Hände schmutzig, wird Mensch und opfert sich schließlich für uns.

Das war vor etwa zweitausend Jahren. Aber hat sich seither etwas getan? Offensichtlich dauert es noch, bis Gottes Plan vollständig umgesetzt sein wird. Aber seit Weihnachten wissen wir: Hilfe ist unterwegs.

-pv-