Der Apostelbrief

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Vertrauen ist der Anfang von allem

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Die Eltern haben sich fein gemacht. Seit langen Jahren wollen sie mal wieder ins Konzert gehen. Die beiden Kinder sind schon im Schlafanzug und sollen ins Bett gebracht werden. »Warum müsst ihr weggehen? Ihr sollt nicht weggehen.«, jammert der Kleine. »Wir müssen nicht weggehen«, antwortet darauf der Vater. »Mama und ich wollen einfach nur mal wieder in ein Konzert gehen. Wir kommen ja auch wieder. Spätestens um elf sind wir wieder zuhause.«

Die Eltern sind gegangen und die beiden Kinder liegen in ihren Betten. Und das Haus fängt an, komische Geräusche zu machen. Da – klopft da nicht etwas gegen die Heizkörper? Und waren da nicht Schritte? Die Schatten, die die Straßenlaterne an die Decke des Kinderzimmers wirft, bewegen sich wie hungrige Monster. Der Kleine flüchtet zu seiner großen Schwester ins Bett. Schon besser. Zu zweit kann man den Schrecken der Nacht viel besser begegnen. Endlos langsam kriecht die Zeit, bis die Eltern wiederkommen – wenn sie überhaupt wiederkommen.

Solche oder ähnliche Szenen kennt wohl jede und jeder von uns. Und so ähnlich ging es den Jüngern Jesu an Karfreitag. Jesus wurde gefangen genommen und ermordet. Der Mensch, mit dem die zwölf Männer drei Jahre lang durch Israel gezogen waren, von dem sie so unendlich viel gelernt haben, der auf alle Fragen eine Antwort hatte, war plötzlich weg. Vor seinem Tod hatte Jesus versucht, seine Freunde auf seinen Weggang vorzubereiten. So richtig verstanden haben sie ihn nicht. Er hatte auch versprochen, dass er wiederkommen würde. Und dabei sagt Jesus auch den Satz zu seinen Jüngern, der uns als Jahreslosung im neuen Jahr begleiten soll: »Euer Herz erschrecke nicht! Glaubt an Gott und glaubt an mich!« (Johannes 14,1)

Das ist leicht gesagt, wenn einem buchstäblich der Boden unter den Füßen weggezogen wird und sich alles, was man in den letzten Jahren wichtig gefunden hatte, plötzlich in Wohlgefallen aufzulösen scheint. Sind das nicht nur Durchhalteparolen eines Mannes, der gescheitert ist?

Wie Kinder eine zeitweilige Trennung von den Eltern verkraften, hängt von der Qualität und Intensität der Beziehung ab, die Kinder und Eltern verbindet. Eine gute und innige Beziehung zu den Eltern macht Kinder stark und selbstbewusst. Das Gleiche gilt für die Beziehung eines Menschen zu Gott. Wer eine vertrauensvolle Beziehung zu Gott hat – die Bibel nennt das Glauben – kann mit Krisen in seinem Leben ganz anders umgehen als jemand, der keine solche Beziehung hat. Die Krisen werden dadurch nicht gelöst, sind aber vielleicht eher zu bewältigen.

Deshalb ist es wichtig, die Beziehung zu Gott in »normalen« Zeiten zu pflegen. Mitten in einer Krise wird das kaum gelingen. Wenn jemand Segeln lernt, fängt er ja auch nicht gerade bei Orkan an, sondern wird erst einmal bei leichtem Wind versuchen, das Boot und seine Bedienung kennen zu lernen.

»Euer Herz erschrecke nicht! Glaubt an Gott und glaubt an mich!« Das kann jeder sagen. Substanz bekommt diese Aufforderung erst durch den lebendigen Geist Gottes, den Jesus seinen Jüngern ein paar Verse später als »Tröster« ankündigt, und der an Pfingsten das Leben der Jünger und vieler anderer Menschen komplett umkrempeln wird. Christlicher Glaube ist keine spirituelle Übung, die ich nur intensiv genug trainieren muss, bis es klappt. Christlicher Glaube ist vielmehr die Antwort eines Menschen darauf, dass Gott sich ihm offenbart hat.

Auch und gerade in schwierigen Zeiten.

-pv-