Der Apostelbrief

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Christliche Meditation im Alltag

Von Lothar Bock

Der Begriff Meditation ist heute weit verbreitet, spätestens seit bekannt ist, dass sich Spitzenpolitiker und Top-Manager zum Meditieren hinter Klostermauern zurückziehen. Sie wollen Stress abbauen, zur Ruhe kommen und darüber wieder zur alten oder neuen Leistungsfähigkeit finden. Meditation im Sinne von Wellness und Regeneration. Das war lange Zeit auch mein Verständnis von Meditation.

Autor Lothar Bock ist Diakon und Stellvertretender Geschäftsführer des Diakonischen Werks Würzburg. Sein Zuständigkeits­bereich umfasst die gesamte Kirchliche Sozialarbeit des DW Würzburg, von der KASA (»Kirchliche allgemeine Sozialarbeit«) bis hin zur OBA (»Offene Behindertenarbeit«).
In seiner Freizeit lässt er sich zum geistlichen Begleiter ausbilden. Außerdem arbeitet er im Kirchenvorstand seiner Heimatgemeinde, sowie im Dekanatsausschuss mit.

Christliche Meditation im Alltag – da ist die Überschrift bereits das Programm. Es geht um die liebende Begegnung mit Gott und zwar nicht in klösterlicher Abgeschiedenheit, sondern mitten im alltäglichen Leben. Gott, der immer schon in mir wohnt, einen festen Platz in meinem Alltag zu geben ist der tiefste Sinn. Dann begleitet mich diese Zwiesprache mit Gott auch in den alltäglichen Verrichtungen und ich bleibe geerdet. Auch wenn es keine unumstößlichen Regeln gibt hat es sich bewährt immer zur gleichen Zeit und am selben Ort zu meditieren. Für mich ist der frühe Morgen die passende Zeit für die Gottesbegegnung. Noch bevor das Stimmengewirr der Vielen an mein Ohr dringt lausche ich der Stimme Gottes. Das kann in einer Wort-, Bild- oder Schriftmeditation geschehen. Damit die Meditation nicht zur Fortsetzung des Schlafes mit anderen Mitteln gerät ist es sehr hilfreich den Körper durch verschiedene Übungen zu wecken und einzubeziehen. Genauer gesagt beginnt die Meditation mit Leibarbeit. Ich meditiere im Sinne von Graf Dürckheim nicht mit dem Körper, den ich habe, sondern mit dem Leib, der ich bin. Bei Meditationen in der Gruppe hat sich auch das meditative Tanzen als sehr wirkungsvolles Ausdrucksmittel bewährt.

Was nicht verschwiegen werden soll: Auch beim Meditieren gibt es Durststrecken zu überwinden. Das liegt daran, dass wir nicht immer gut drauf sind, nicht immer offen für die Gottesbegegnung. Es wäre völlig abträglich täglich neu zu entscheiden ob ich jetzt sozusagen in Stimmung bin um zu meditieren. Das führt in die Beliebigkeit. In solchen Phasen, so meine Erfahrung, kann ich nichts anderes tun, als Gott meine Unzulänglichkeit und meine Schwäche hinzuhalten, im Vertrauen auf seine Treue und seine Liebe zu mir. Feste Rituale können sehr hilfreich sein. Gerne singe ich z.B. in Anlehnung an Mechthild von Magdeburg das Lied von Schwester Lucia Schwarz »Fließe gutes Gotteslicht«.