Der Apostelbrief

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Nichts als ...

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Als postmoderne Mitteleuropäer legen wir in der Regel Wert darauf, dass unser Bild von der Welt ein vernünftiges, ein rationales ist. Eine beliebte Floskel auf dem Weg dahin ist »nichts als ...«: der Mensch ist nichts als ein Säugetier unter vielen, das Leben ist nichts als eine Abfolge biochemischer Prozesse, Sinfonien von Mozart oder Beethoven sind nichts als mehr oder weniger geordnete Luftschwingungen.

Lässt man die Worte »nichts als« weg, ist gegen diese Aussagen nichts einzuwenden: der Mensch ist tatsächlich ein Säugetier, das Leben basiert tatsächlich auf biochemischen Prozessen und Musik äußert sich tatsächlich in Luftschwingungen. Alle diese Aussagen lassen sich experimentell belegen.

Fügt man aber die Worte »nichts als« wieder ein, wird aus der Beschreibung eine philosophische Interpretation. Dahinter steckt der Glaube – und dieses Wort passt hier genau – daran, dass man die Welt umfassend und ausschließlich wissenschaftlich verstehen kann und muss.

Es ist in der Wissenschaft oft sinnvoll oder sogar nötig, komplexe Objekte in ihre Einzelteile zu zerlegen, um deren Funktionsweise zu verstehen und dann zu hoffen, dass man schließlich auch die Funktionsweise des Ganzen versteht. Häufig stellt man allerdings fest, dass das Ganze weit mehr ist als nur die Summe seiner Teile und dass sich die Eigenschaften des Ganzen nicht ohne Weiteres aus den Eigenschaften der Teile erklären lassen.

Wenn ich ohne den nötigen Sachverstand eine komplizierte Taschenuhr zerlege, werde ich bald feststellen, dass diese Uhr, oder das, was noch davon übrig ist, nichts als eine Ansammlung von Federn und Zahnrädern ist. Den Verlauf der Zeit kann dieser Schrotthaufen allerdings nicht mehr anzeigen.

Biologie und Medizin wissen heute unglaublich viel darüber, wie der menschliche Körper funktioniert. Aber was es ist, das letztlich den Unterschied zwischen siebzig Kilo Biomasse und einem lebendigen Menschen ausmacht, ist nach wie vor ein Rätsel.

Die Bibel antwortet auf diese Frage mit einem wundervollen Bild: das Leben ist der Atem oder der Geist Gottes, der die tote Materie »beseelt« und so zu einem Lebewesen macht.

Die Auferstehung Christi am Ostermorgen macht das deutlich sichtbar. Der Auferstandene bezeugt, dass der Mensch weit mehr ist als die Summe seiner Gene und der biochemischen Prozesse in seinem Körper.

Dieses »mehr als« ist natürlich genauso eine Aussage des Glaubens wie das »nichts als« des materialistischen Wissenschaftlers. Welcher der beiden Sätze tatsächlich stimmt, müssen wir im Laufe unseres Lebens herausfinden. Der Dichter Christian Fürchtegott Gellert hat die Frage in seinem bekannten Osterlied so beantwortet: »Jesus lebt, mit ihm auch ich! Tod wo ist dein Schrecken? Er, er lebt und wird auch mich von den Toten auferwecken.«

-pv-