Der Apostelbrief

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Ein Fall für Drei

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Man kennt das aus dem Krimi: Wenn der Bösewicht am Schluss festgenommen wird, teilt der Kommissar ihm mit: »Sie haben das Recht auf einen Anwalt«. Oder der in die Enge getriebene Verdächtige sagt selbst: »Ohne meinen Anwalt sage ich gar nichts mehr« - und das ist dann in der Regel auch gut so.

Als Jesus sich vor seinem Tod von seinen Freunden verabschiedet hat, hat er ihnen versprochen, ihnen einen »Tröster« zu schicken, wie Luther das übersetzt hat (Joh. 14). Das griechische Wort, das an dieser Stelle steht, ist dasselbe Wort, das in anderem Zusammenhang einen Rechtsanwalt bezeichnet, der einen Menschen vor Gericht vertritt.

Wozu brauchen wir Christen einen Anwalt? Hat Martin Luther nicht gelehrt, dass wir keine Mittler zwischen Menschen und Gott brauchen, sondern dass jede und jeder von uns unmittelbar mit Gott in Verbindung treten kann und darf?

So lange Jesus auf der Erde war, hatten es seine Anhänger einfach: Sie konnten ihn ansprechen, er konnte ihre Fragen beantworten oder ihnen auf verschiedene Weise helfen. Man konnte ihn sehen, hören, anfassen und sogar riechen.

Heute sind wir in einer ungleich schwierigeren Situation: Jesus ist in die Sphäre Gottes zurückgekehrt und damit ist die unmittelbare Kommunikation zwischen Mensch und Gott erheblich erschwert. Und hier kommt der Anwalt ins Spiel.

Dieser Anwalt, der Heilige Geist ist es, der uns Gott erst erkennen lässt und uns ermöglicht, in einer Beziehung mit ihm zu leben. Wenn wir am Ende sind und nicht einmal mehr wissen, wie wir Gott unser Elend klagen sollen, dann ist es der Heilige Geist, der unsere Sache »mit unaussprechlichem Seufzen« bei Gott vertritt (Römer 8,26).

Hatte Luther also Unrecht und wir können eben doch nicht direkt mit Gott in Kontakt treten?

Zu den rätselhaftesten Dingen, mit denen wir Christen konfrontiert sind, gehört die Dreieinigkeit Gottes. Ein Gott und doch drei Personen - das ist schwer oder eigentlich gar nicht zu verstehen.

Aber wenn man es genau betrachtet, ist die Idee der Dreieinigkeit nicht so fremd, wie es auf den ersten Blick wirkt. Jeder Mensch vereint in sich ganz unterschiedliche Personen: Da ist einer vielleicht Kaufmann - so kennen ihn seine Kunden. Außerdem ist er Vater - so kennen ihn seine Kinder. Er ist aber auch Ehemann - so nimmt ihn seine Frau wahr. Um einen Menschen wirklich kennen zu lernen, muss man alle diese Facetten seiner Person berücksichtigen und darf keine davon ausblenden oder als die einzig wahre ansehen.

Wenn das schon für Menschen gilt, um wie viel mehr muss das für Gott gelten. Deshalb ist es wichtig, Gott in seiner ganzen Vielfalt wahrzunehmen: den Vater, die Quelle unseres Lebens, Jesus Christus, den Grund unserer Hoffnung und den Heiligen Geist, der uns den Weg zum Vater weist.

-pv-