Der Apostelbrief

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Kreuzwege zu Gott

Wer Flugzeuge hat, Fernseher und Internet, braucht keine Kreuzwege. Das denken sich heute viele Menschen. Warum auch? Ist es nicht leichter, als Tourist nach Jerusalem zu fliegen und den Weg Jesu entlang der Via Dolorosa, nach Golgatha entlang zu flanieren? Oder noch leichter: Google Earth zeigt alles. Ein paar Klicks, schon bin ich da!

Vielleicht steckt aber mehr hinter den Nachbildungen der Heiligen Städte vor und in vielen Gotteshäusern in unserer Umgebung, als das bloße Anschauen. Denn ursprünglich wurden sie von zurückgekehrten Pilgern aus dem Heiligen Land angelegt: So konnten diejenigen, die es sich nicht leisten konnten, selbst nach Jerusalem zu reisen, dem Leidensweg Jesu nahe sein.

Oft wurde dabei die exakte Länge der Via Dolorosa auf den heimischen »Weg des Kreuzes« übertragen. Nach der Überlieferung ist die Via Dolorosa, die »Schmerzhafte Straße«, jener Weg, der zur Zeit des Todes Jesu vom Amtssitz des römischen Statthalters Pontius Pilatus zur Hinrichtungsstätte führte. Diesen Weg musste Jesus vor seiner Kreuzigung zurücklegen, wobei er auf einem Großteil der Strecke das Kreuz selbst tragen musste.

Am Ende der heutigen Stationenwege stehen deshalb nicht selten eine Grabeskirche oder eine Kreuzigungs-Darstellung.

Kreuzwege
Via Dolorosa in Jerusalem

Kreuzwegstationen

Aus ursprünglich zwei Kreuzwegstopps (die Verurteilung beim Haus des Pilatus und die Kreuzigung) entstanden mit der Zeit 14 Stationen, die heute vielerorts zu bestaunen sind.

Im späten Mittelalter wurden die Stationen (damals noch sieben) zunächst im Freien figürlich dargestellt. Nach und nach wanderten die Stationen auch ins Innere der Kirchen.

In den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts ist der Kreuzweg in Lateinamerika zu einer tragenden Form übergegangen. In Europa wurde in den siebziger Jahren in vielen Städten die Kreuzwegtradition neu belebt – etwa als Ostermärsche gegen Krieg und Aufrüstung.

Heute sind freitägliche Kreuzwegandachten in der Fastenzeit ein vielerorts praktiziertes meditatives Gebet vor den Stationen, oft auch ergänzt durch eine 15. Station, die der Auferstehung gedenkt. Betend denken die Christen auch an die Leidenden unserer Tage, die ungerecht verurteilt, gefoltert und getötet, ihres Lebensunterhalts beraubt oder verspottet werden.

Gestaltete Kreuzwege

Auch in unserer direkten Umgebung gibt es Kreuzwege zum Beten, zum Denken und Bedenken: Etwa der zum Würzburger Käppele oder zur Weinbergskapelle in Randersacker.

Rhön-Grabfeld mit Frankens »Heiligem Berg«, dem Kreuzberg, besitzt fast zwei Dutzend Kreuzwege, die erlaufen und erlebt werden können.

JB
Kreuzberg
Der Kreuzberg