Der Apostelbrief

Dezember 2005 - Januar 2006
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Abendmahl mit Kindern

Unter dieser Überschrift stand der letzte Apostelbrief, der uns über die Einführung des Kinderabendmahls informierte. Obwohl diese Entscheidung des Kirchenvorstands als »Schritt im Sinne der Weiterentwicklung unserer Kirche« gesehen wird, habe ich (und nicht nur ich) einige Bedenken. Lesen wir in Luthers Kleinem Katechismus nach, für wen das Abendmahl eingesetzt ist, so erfahren wir dort: »Für seine Jünger und alle Christen, welche nach ihrer Taufe soweit im Glauben unterwiesen sind, dass sie das Gedächtnis Christi halten und sich prüfen und bereiten können.« Hier wird also Wert auf Glaubensunterweisung und auf geistige Selbständigkeit gelegt. Wenn Jesus in dem gerne zitierten Satz sagt: »Lasset die Kindlein zu mir kommen«, dann geschieht das nicht im Zusammenhang mit der Feier des Abendmahls. Dort heißt es nur, dass er sie herzte und küsste, sich ihnen liebend zuwandte.

Wenn wir mit unseren Kindern in den Gottesdienst gehen, dann haben wir Gemeinschaft von Anfang an, im gemeinsamen Singen, Beten, Hören und, wo es praktiziert wird, in der Form des Agapemahls.

Der Wunsch von Kindern, am Abendmahl teilnehmen zu wollen, kann nur da entstehen, wo Kinder es erleben. Da wir in der Apostelkirche regelmäßig Kindergottesdienst anbieten, kommen die Kinder aber sehr selten in diese Situation. Das legt die Vermutung nahe, der Wunsch werde vielleicht eher von Erwachsenen genährt. Wie auch immer: Da unsere Kinder nicht in die Abendmahlspraxis hineinwachsen, müssen sie angeleitet werden, um überhaupt zu wissen, was da geschieht und was es für den Glauben bedeutet. Wer leistet diese Anleitung? Das Verständnis des Abendmahls ist nicht einfach, daher sollte seine Vermittlung nicht allein auf die Eltern oder auf andere theologisch nicht ausgebildete Kräfte verlagert werden.

Alle Kinder sollen in gleicher Gründlichkeit in Gehalt und Liturgie des Abendmahls eingeführt werden. Wenn nur wenige interessierte Eltern mit ihren Kindern über das Abendmahl reden, dann reicht das kaum aus. Auch der Hinweis auf intuitives Empfinden bei Kindern wird dem Anspruch des Abendmahls in seiner Gesamtheit nicht gerecht. Es geht schließlich um eine liturgisch geformte geistliche Handlung, bei der es nicht nur ums äußere Mittun geht. Dass der Kirchenvorstand außerdem keine Altersbegrenzung festgesetzt hat, ist zwar verständlich – wo soll man die Grenze ziehen –, erhöht aber die Problematik. Da es künftig kein gemeinsames Eingangsalter mehr gibt, entfällt das prägende Gruppenerlebnis des ersten gemeinsamen Abendmahls einer Gruppe Gleichaltriger, wie es bei der jetzigen Konfirmationsfeier gegeben ist. Warum genügt es nicht, beispielsweise erst auf einer Konfirmandenfreizeit über das Thema zu reden und dann das Abendmahl in der kleinen Gruppe zu feiern. Das könnte ein besonderes Erlebnis in der Gemeinschaft sein und den Anreiz für die Jugendlichen bieten, sich in der restlichen Konfirmandenzeit bewusst auf die gottesdienstliche Abendmahlsfeier vorzubereiten.

Diese wenigen Bemerkungen wollen nur darauf hinweisen, dass es nicht nur eine Sichtweise des Themas gibt. Der Kirchenvorstand hat eine Entscheidung getroffen. Hoffen wir, dass die beabsichtigten Ziele erreicht werden und vor allem Wege gefunden werden, Kinder und Jugendliche sinnvoll und angemessen im Abendmahlverständnis zu unterweisen. Denn schließlich handelt es sich bei dem Abendmahl um das einzige Sakrament, das wir evangelischen Christen neben der Taufe haben.

Christiane Konrad