Der Apostelbrief

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Bilder

Bilder spielen in unserem Leben eine wichtige Rolle: Familienbilder, die wir im Regal stehen oder an der Wand hängen haben, Schreckensbilder, die uns das Fernsehen täglich frei Haus liefert oder Trugbilder, wie sie uns die Werbung immer wieder vorgaukelt.

Zwei Arten von Bildern begegnen uns in unserem Leben: Abbilder und Ebenbilder.

Abbilder imitieren ihr Vorbild, um bestimmte Eigenschaften dieses Vorbilds „einzufangen“. Wenn ein Mann sich einen Sportwagen wünscht, der Etat aber nach Anschaffung der Familienkutsche geleert ist, tröstet er sich vielleicht mit einem Modell im Maßstab 1:24. Oder wenn eine junge Frau sich kleidet und frisiert wie ihr Lieblings-Star, dann versucht sie durch diese Imitation auch ein wenig an der Popularität und am Erfolg ihres Idols teilzuhaben.

Im Gegensatz dazu sind Ebenbilder wie Fenster, durch die das, wofür sie stehen, sichtbar wird.

Eine Glühbirne ist ein Ebenbild des elektrischen Stroms. Sie macht den eigentlich unsichtbaren Strom sichtbar, indem sie sich von ihm durchfließen lässt und dadurch zu leuchten beginnt.

Der Mond ist ein Ebenbild der Sonne. Sein Leuchten kommt nur dadurch zustande, dass er das Licht der Sonne reflektiert. Würde der Mond versuchen, die Sonne zu imitieren und selbst zu leuchten: er würde kläglich versagen.

Ganz am Anfang der Bibel ist davon die Rede, dass Gott den Menschen zu seinem Ebenbild geschaffen habe. Das nehmen viele Christen sehr ernst: in der Diakonie wollen Sie die Hände Christi sein, in der Seelsorge Gottes Ohr, oder in der Verkündigung des Evangeliums der Mund des Heiligen Geistes.

Das ist ebenso lobenswert wie gefährlich. Denn allzu leicht machen wir uns so zu Abbildern Gottes. Wir versuchen, Gott zu imitieren und in aller Bescheidenheit ein klein wenig so zu sein, wie er ist. Dabei laufen wir aber Gefahr, nur noch auf unsere eigene Kraft zu vertrauen. Unzählige verdiente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in christlichen Gemeinden, Gruppen und Werken sind daran zerbrochen, dass sie glaubten, an Gottes Stelle etwas leisten zu müssen und frustriert waren, wenn das nicht geklappt hat.

Ebenbild Gottes zu sein heißt, ihn im eigenen Leben und in der Arbeit in der Gemeinde sichtbar werden zu lassen. Wer sich auf seine eigenen Möglichkeiten verlässt, wo eigentlich Gottes Geist und Wirken gefragt ist, muss scheitern. Sichtbar wird Gott da, wo Menschen ihn wirken lassen und sich darauf verlassen, dass Gott ihnen zeigt, wo ihr eigener Einsatz gefragt ist.

-pv-