Der Apostelbrief

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Das Himmlische erden

Was macht eine christliche Gemeinde eigentlich aus? Oder besser gefragt: was kennzeichnet die Gemeinde Jesu Christi in Gerbrunn, die »Gemeinschaft der Heiligen«, wie das Neue Testament es nennt? Im zu Ende gehenden Jahr haben wir in der ökumenischen Bewegung sowohl Fortschritte (ökumenischer Kirchentag) als auch Rückschläge (Enzyklika zum gemeinsamen Abendmahl) erlebt. Von einer Gemeinschaft aller Christen an einem Ort in einer Gemeinde sind wir aber offenbar noch weit entfernt.

Aber ist es überhaupt wünschenswert und sinnvoll, nach einer »Einheitskirche« für alle zu streben? Sind die Menschen nicht viel zu unterschiedlich in dem, was ihnen wichtig ist, was ihnen gefällt und was nicht. Gott hat die Menschen nicht nach einem Einheitsschema geschaffen, warum sollte er das beim Bau seiner Kirche tun?

Aber, wo liegt dann die gemeinsame Basis, auf der all die verschiedenen Kirchen, Gemeinden und Gemeinschaften stehen, die sich auf Jesus Christus berufen?

Christlicher Glaube ist die Reaktion eines Menschen darauf, dass Gott in die Geschichte der Welt eingegriffen hat und immer noch eingreift. An drei Punkten der Weltgeschichte, bzw. an drei Orten wird das besonders greifbar: an der Krippe von Bethlehem, wo Gott Mensch wurde, am Kreuz von Golgatha, wo Jesus unsere Schuld und damit unsere Trennung von Gott überwunden hat und am leeren Grab des Ostermorgens, das den Sieg Jesu über den Tod offensichtlich macht.

An diesen drei Orten können sich Christen aller Konfessionen, Denominationen oder Frömmigkeitsstile treffen. Hier liegen die gemeinsamen Fundamente unseres Glaubens. Ehrlich gesagt ist es zumindestens für mich kaum begreifbar, dass Gott in Jesus selbst Mensch geworden ist. Aber Weihnachten ist einer der drei Punkte im Kirchenjahr, an dem wir uns an das historisch greifbare Wirken Gottes in der Weltgeschichte erinnern.

So wie eine elektrische Anlage »geerdet« sein muss, damit sie ordentlich funktioniert, so wird unser Glaube an Weihnachten, wie an Karfreitag und Ostern »geerdet«, so dass wir die geistliche Bodenhaftung nicht verlieren.

Es gehört zum guten Ton in frommen Kreisen, über den Weihnachtstrubel zu jammern und ihn zu verdammen. Aber wenn wir uns jetzt wieder an Lichtern, Liedern, Plätzchen und Glühwein erfreuen, wenn wir Geschenke machen und erhalten, wenn wir gut und manchmal auch zu viel essen, dann sollten wir gnädig mit uns und anderen sein. All das bietet auch eine Chance, zum tieferen Sinn von Weihnachten vorzudringen:

Das Himmlische zu erden.

-pv-