Der Apostelbrief

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Ja, aber!

Im Fußball sind »wir« zurzeit nur Vizeweltmeister. Aber es gibt eine andere »Sportart«, in der Deutschland unbestritten Weltspitze ist: das »Bedenken tragen«. Wenn sich in unserem Leben etwas ändert, denken wir gerne zunächst an Risiken und Nebenwirkungen: »Was das wieder kostet ...«, »So etwas haben wir früher schon mal probiert ...« oder »Was werden die Nachbarn sagen?«.

Wir sind es gewohnt, Argumente und Gegenargumente abzuwägen und zu einem Kompromiss zu finden, der möglichst allen Beteiligten gerecht wird. »Konsens« ist das Zauberwort.

In unserem Leben als Christen gibt es allerdings Bereiche, die eine Konsensbildung nicht vertragen. Stattdessen ist eine klare Entscheidung notwendig: entweder es war ein Schöpfergott, der hinter der Entstehung unseres Universums steht oder es war alles nur Zufall. Entweder Jesus Christus ist von den Toten auferstanden oder er ist es nicht.

Die ungeheure Sprengkraft, die in einigen Evangelientexten liegt, fällt uns meistens gar nicht mehr auf, wenn wir sie sonntags als Schriftlesung im Gottesdienst hören. Etwa wenn Jesus von sich sagt: »Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater, denn durch mich« (Joh. 14,6) oder »Ich und der Vater sind eins« (Joh. 10,30). Die Zuhörer damals haben das verstanden und wollten Jesus an Ort und Stelle wegen Gotteslästerung steinigen. Heute, im Zeitalter der Meinungs- und Religionsfreiheit kann uns das kaum noch rühren.

Für Thomas von Aquin, den mittelalterlichen Theologen, waren diese Aussagen Jesu geradezu ein Beweis für die Existenz Gottes: Ein Mensch, der von sich selbst behauptet, dass er Gott ist, sagt entweder die Wahrheit, oder ist der übelste Hochstapler und Betrüger, den die Welt je gesehen hat. Da sich aber auch die allermeisten Nichtchristen darüber einig sind, dass Jesus von Nazareth ein guter Mensch war, folgt für Thomas zwingend, dass Jesus wirklich Gott ist.

Nun, ein Beweis im mathematischen Sinn ist das nicht, aber es macht deutlich, dass unser Glaube immer wieder eine klare Entscheidung von uns fordert.

Wenn diese grundsätzlichen Entscheidungen getroffen sind, können wir im Zusammenleben mit unseren Geschwistern im Glauben unsere Fähigkeit zur Kompromissbildung umso fruchtbringender einsetzen: Wenn Jesus wirklich der Herr ist und Gott ihn tatsächlich von den Toten erweckt hat (Römer 10, 9.10), dann ist die Frage nach der Farbe der Kirchenbänke oder danach, welche Lieder im Gottesdienst gesungen werden nicht mehr ganz so wichtig.

Dann wird aus dem »Ja, aber« ein »Ja und Amen«.

Amen - So soll es sein.

-pv-