Der Apostelbrief

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Schweres Gepäck

Mit kleinen Kindern in den Urlaub zu fahren, ist eine Herausforderung für alle Eltern. Das geht schon beim Beladen des Autos los. Da möchte die dreijährige Tochter unbedingt den Koffer tragen, der fast doppelt so schwer ist, wie sie selbst. Sie möchte den Eltern helfen und zeigen, wie stark sie schon ist. Aber wie sehr sie sich auch müht, der Koffer bewegt sich keinen Millimeter. Schließlich gibt sie frustriert auf und die Eltern tragen das Gepäck doch selbst.

Nicht nur Kinder haben mit schweren Lasten zu kämpfen und es handelt sich auch nicht immer um Koffer: instinktiv spüren wir, dass etwas nicht stimmt mit der Art wie die Menschen leben, dass uns etwas trennt von unserem Schöpfer und dem Leben, dass er für uns vorgesehen hat. Aber gleichzeitig fühlen wir uns stark: wir blicken auf unsere christlich-abendländische Tradition und sind eigentlich ganz zufrieden mit uns, unserem christlichen Lebensstil und damit, dass wir zumindestens erkennen, was da schiefläuft - ganz anders als »die« in den Kriegsgebieten in Afrika, oder auf dem Balkan. Wir sind heilfroh, dass wir nicht so sind wie die Skinheads, von denen die Medien so gerne berichten.

Und damit gleichen wir jenem frommen Menschen, von dem Jesus erzählt (Lk. 18, 9-14): mit sich selbst und, wie er glaubt, mit Gott im reinen geht er in den Tempel um zu beten. Er dankt Gott dafür, dass er soviel besser ist, als die andere Hauptfigur der Geschichte, ein Mensch, der verzweifelt ist über sein Versagen vor Gott, und der nur noch den einen Ausweg sieht, Gott um Vergebung seiner Schuld anzuflehen.

Die Überzeugung, es selbst schaffen zu können, mit Gott ins reine zu kommen, ist eine große Gefahr für Christen wie für Nichtchristen. In der Geschichte vom Pharisäer und Zöllner sagt Jesus ganz deutlich, dass es der Zöllner ist, der keinerlei fromme Leistungen vorzuweisen hat, der vor Gott gerecht wird: weil er erkannt hat, dass "dieser Koffer" für ihn zu schwer ist und dass er seine eigene Rechtfertigung Gott überlassen muss.

An Ostern erinnern wir uns daran, wie Gott das möglich gemacht hat: dadurch, dass sein Sohn, Jesus Christus, am Kreuz unsere Schuld gesühnt hat. Die Auferstehung am Ostermorgen ist der Beleg dafür, dass Christus Sünde und Tod tatsächlich überwunden hat.

Ein Mensch, der sich selbst als Sünder erkannt hat, der eingesehen hat, dass die Sünde ihn letztendlich zerstört und der die Vergebung seiner Schuld erfahren hat, wird vernünftigerweise alles in seiner Macht stehende tun, um diese Sünden in Zukunft zu vermeiden. Da er bzw. sie aber ein unvoll-kommener Mensch bleibt, wird ihm bzw. ihr das nie vollständig gelingen. Und so ist die unverdiente Gnade der Sündenvergebung Anfang und Ziel der Nachfolge, des Lebens eines Menschen mit Gott.

-pv-