Der Apostelbrief

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Auf ein Wort: Fusionsküche?

Autor

Liebe Gemeinde,

Pizza con wurstel? Wer‘s mag. Linsencurry mit schwäbischen Spätzle? Warum nicht. Die sogenannte Fusionsküche reflektiert unsere globalisierte Welt und verbindet Einflüsse und Nahrungsmittel aus aller Welt. Da entstehen ganz neue Geschmackserlebnisse. Da sag ich doch: Fusionsküche - Ja gerne! Auch was die Musik angeht habe ich schon als junger Mann mit dem „crossover“ verschiedener Musikkulturen experimentiert.

Nun liegt es nahe, dieses Prinzip auf alle Lebensbereiche auszudehnen. Natürlich auch auf den Bereich der Religion. Da wird dann Jesus zum größten ZEN-Meister und im Kloster wird fleißig Za-Zen - das stundenlange Sitzen geübt. Meine Schüler verbinden gern mal christliche Vorstellungen mit dem Glauben an die Reinkarnation, also das Rad der Wiedergeburten. „Wir haben doch alle einen Herrgott“, sagen die, die ihre muslimischen Mitbürger für sich einnehmen wollen. Sie alle verkennen, dass es hier um existenzielle Fragen und letztlich um Wahrheitsfragen geht. Da kann man nicht einfach alles zusammen mischen. Sonst müsste man gleichzeitig behaupten, Jesus sei auferstanden (wie die biblischen Zeugen) und er sei nicht auferstanden (wie der Koran). Also schon von der Logik her schwierig.

Wichtiger aber noch ist, dass der Glaube das Wagnis des Vertrauens beinhaltet. Und das wächst nicht, solange ich in der Haltung des distanzierten Experimentators verharre, der jede Wahrheit für überholbar hält. Wer heiraten will, muss irgendwann mal sagen: Das ist die/der Richtige. Sonst wird das nichts. Da kann man sich auch nicht nach Belieben mögliche Kandidat*innen zusammenmischen. Das gleiche gilt für die Religion.

Und wenn ich denn Ja gesagt habe zum christlichen Gott, dann fasst das in sich, dass er in Jesus unüberbietbar gesprochen und gehandelt hat. Dass er in diesem Jesus die Möglichkeit zur Gemeinschaft mit ihm ermöglicht hat. Dass das sein Weg war und ist, uns in seine Nähe, in seine Familie zu holen. Wenn das aber so ist, warum sollte ich dann meinen, das Ganze könnte mit ein bisschen Yoga noch aufgepeppt werden? Warum sollte ich darüber spekulieren, dass Gott vielleicht doch eher ein überpersonales Prinzip ist, wie die Mystik meint? Ich sage: Fusionsreligion - Nein Danke!

Dem (unbedingt anzustrebenden) Frieden unter den Religionen erreichen wir nicht, indem wir alles vermischen, sondern dadurch dass wir ganz klar und selbstbewusst als Christen in das Gespräch mit Vertretern anderer Religionen eintreten und uns fragen, wo wir von je unseren Voraussetzungen her auf der Ebene der Ethik zu einem gemeinsamen Handeln zum Wohle aller finden können.

Mit den besten Segenswünschen,

Ihr Pfarrer Johannes Riedel