Der Apostelbrief

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Auf ein Wort

Autor

Ein bewusstes Ja zur Taufe

Liebe Gemeinde,

noch ist die Kindertaufe bei uns das Übliche. Luther hat sie geliebt. Weil nirgendwo sonst so schön deutlich wird, dass wir uns Gottes Barmherzigkeit und Liebe nicht verdienen können - und auch nicht müssen. Ein Säugling kommt gewiss nicht auf die Idee, dem lieben Gott seinen Leistungsnachweis unter die Nase zu halten und sein vermeintliches Recht einzufordern. Hier in der Taufe von Babys wird Gnade als reines Geschenk erfahrbar. Für die Familie zumindest. Nicht so sehr für den Säugling. Der ist bewusstseins-technisch noch ein wenig außen vor. Darum müssen bei der Taufe Eltern und Paten auch versprechen, dass sie ihrem Nachwuchs den Glauben vorleben und beibringen werden, der als zweiter Schritt zur Taufe hinzukommen muss. Ich fürchte, von Beerdigungen mal abgesehen, wird bei kirchlichen Veranstaltungen nirgends so viel geschwindelt, wie an dieser Stelle. Kein Wunder: Wie will man anderen etwas nahe bringen, was man selbst aus den Augen verloren hat? Wer trägt schon ständig im Bewusstsein, dass er getauft ist und was das bedeuten könnte?


In meiner revolutionären Phase als junger Mensch hielt ich nichts von Ritualen - wie viele andere auch. Inzwischen denke ich, dass wir das Kind mit dem Bade ausgeschüttet haben. Fast beneide ich fromme Juden um ihre Mesusa an den Türen, die sie beim Vorbeigehen mit den Fingern berühren und sich an das Urbekenntnis erinnern, das im Inneren der geschmückten Hülse auf einem Zettel steht: „Höre Israel, der Herr ist einzig! Und du sollst den Herrn lieben von ganzem Herzen!“

Katholiken haben das Weihwasserbecken, in das sie ihre Finger tauchen, ein Kreuz schlagen und sich so an ihre Taufe erinnern. Und was haben wir Protestanten? Nichts. Dabei schreibt Luther, dass wir täglich zur Taufe zurückkehren sollen, um uns in Dankbarkeit des Geschenks Gottes bewusst zu werden und den Glauben wach zu halten. Immerhin gibt es die Konfirmation. Am 22.4. werden in der Apostelkirche 14 junge Menschen konfirmiert. Ihre Motive zur Teilnahme sind sicher bunt gemischt. Aber meine Hoffnung ist, dass zumindest eines davon doch auch ist, ein bewusstes Ja zur Taufe und zum Glauben abzulegen. Für uns - die übrigen Gemeindeglieder könnte das eine Gelegenheit sein, im Inneren dieses Ja wieder einmal bewusst mitzusprechen. Denn der Glaube lebt von der Bewusstmachung. Am besten täglich. So wie Essen und Zähneputzen. Vielleicht finden Sie ja für sich ein passendes Ritual für den Alltag.

Mit den besten Segenswünschen,
Ihr Pfr. J. Riedel