Der Apostelbrief

Dezember 2016 - Januar 2017
Voriger Apostelbrief
Okt. - Nov. 2016
Nr. 119
Nächster Apostelbrief
Feb. - Mrz. 2017
Beliebigen Apostelbrief wählen ...
1997:

1998:

1999:

2000:

2001:

2002:

2003:

2004:

2005:

2006:

2007:

2008:

2009:

2010:

2011:

2012:

2013:

2014:

2015:

2016:
119

2017:

2018:

2019:

2020:

2021:

2022:

2023:

2024:

Reformationszeit – Zeit des Umbruchs

Im Rahmen des ersten Gemeindeabends zur Reformation standen die Ereignisse aus der Vorreformationszeit und deren Persönlichkeiten neben Luther im Vordergrund. Hervorgehoben wurden hierbei die Erfindungen des 12. und 13. Jahrhunderts wie die der Wind und Wassermühlen, der Trittwebstühle, der Schubkarre, des Spinnrades, der Brille, des Kompasses und der Entdeckung des Schwarzpulvers. Ein tiefgreifendes Ereignis erlebte Mitteleuropa in den Jahren 1347 bis 1353, als ein Drittel der Bevölkerung an der Pest starb. 1430 wurde die Kupferstecherkunst entwickelt, 1450 von Thurn und Taxis die ersten Postlinien eingerichtet und im Jahr 1506 die Taschenuhr erfunden. Eine für diese Zeit entscheidende Erfindung war der Buchdruck 1450 von Johannes Gutenberg, der eine Verbreitung der Schriften Luthers überhaupt erst ermöglichte. Mit dem Buchdruck war erstmals die exakte Reproduktion von Wissen möglich. Mit der in Folge des Buchdruckes eingeleiteten allgemeinen Alphabetisierung begann eine Bildungsrevolution.

Für das unterfränkische Umfeld war die Gründung der Universität Würzburg im Jahr 1402 ein bedeutsames Ereignis. In Gerbrunn wurde 1457 die eigenständige Pfarrei St. Nikolaus gegründet nachdem 1219 bereits die St. Nikolaus Kapelle eingeweiht worden war. 1482 erließ Kitzingen das Reinheitsgebot für Wein, das 1498 in eine Reichsweinverordnung übernommen wird. 1483 kam Tilmann Riemenschneider nach Würzburg und im Jahr 1500 wurde der sogenannte Fränkische Reichskreis gegründet. 1525 erreichten die Bauernkriege Würzburg.

Europapolitisch war die Situation geprägt vom Gegensatz zwischen den Habsburgern und Frankreich. Der Papst fürchtete eine Übermacht der Habsburger und verbündete sich zeitweise mit dem französischen König. Während die großen christlichen Mächte miteinander beschäftigt waren, rückten im Osten die Türken im Jahr 1529 bis nach Wien vor. Die politische Situation im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation zeichnete sich durch „Kleinstaaterei“ aus. In unserer Region gab es neben den Grafschaften wie Castell und Rieneck freie Reichsstädte wie Schweinfurt, Rothenburg und Windsheim. Würzburg hatte als freie Stadt einen Bischof als Landesherrn.

Schon vor der eigentlichen Reformation gab es reformatorische Aufbrüche, die u.a. von folgenden Persönlichkeiten geprägt wurden:

1. John Wyclif.
Wycvlif

Er wurde 1330 in Yorkshire geboren, war Pfarrer und Dozent in Oxford. Er erkannte die großen Unterschiede zwischen dem, wofür die Kirche der damaligen Zeit stand und den eigentlichen biblischen Inhalten.

Er kritisierte das Amt des Papstes, den Reliquien- und Heiligenkult, das Zölibat, die Beichte und die Ablasspraktiken. Für ihn war nur die Bibel Wahrheit und Richtschnur. Er übte massive Kritik an den Leitungsund Verwaltungsorganen des Papstes und den damit verbundenen extremen Kosten. Nach seiner Verbannung durch den Papst und der Vertreibung aus Oxford übersetzte er die Bibel ins Englische.

2. Jan Hus. Dieser wurde 1371 in Böhmen geboren und hatte über tschechische Studenten in Oxford Kontakt zum Gedankengut von Wyclif. Als Priester und Rektor der Universität Prag hielt er auf tschechisch bis zu 200 Predigten im Jahr, in denen er offen die Habsucht und Verweltlichung des Klerus kritisierte und für eine grundlegende Reform auf der Grundlage der Bibel plädierte. Den Papst als höchste Autorität in Glaubensdingen erkannte er nicht an. Der Papst war für ihn ein „Dieb“ und „Antichrist“. 1413 formulierte er: „Jeder Christ habe ein Widerstandrecht gegen unrechtmäßig handelnde Vertreter der Kirche“. Nach seiner Amtsenthebung und Exkommunizierung und seiner Zeit als Wanderprediger wurde er 1415 auf dem Konzil von Konstanz zum Ketzer verurteilt und zusammen mit den Knochen von Wiclif auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Wesentliche Forderung wurden 1417 dennoch durchgesetzt: Predigtfreiheit, evangelische Armut der Priester und der Laienkelch.

Neben Luther gab es viele weitere Reformatoren. Exemplarisch wurden die folgenden dargestellt:

1. Johannes Brenz.
Brenz

Er wurde 1330 in Yorkshire geboren, war Pfarrer und Dozent in Oxford. Er erkannte die großen Unterschiede zwischen dem, wofür die Kirche der da Er wurde 1499 in der Reichsstadt Weil geboren und studierte in Heidelberg. 1518 lernte er Martin Luther bei der Heidelberger Disputation kennen und pflegte seitdem einen lebenslangen und engen Kontakt.

Nach seiner Berufung als Prediger nach Schwäbisch Hall setzte er die Reformation mit Predigten gegen die Heiligenverehrung durch. Im Bauernkrieg 1525 wandte er sich gegen den Aufstand, drängte jedoch auf eine milde Behandlung der Bauern. Mit der Kirchenordnung von 1527 entwarf er eine Neugestaltung der religiösen Verhältnisse in Schwäbisch Hall. Predigt, Taufe und Abendmahl erhielten eine neue Form ebenso wie der Ablauf des Gottesdienstes. Das Eherecht wurde aus dem Kirchenrecht in den Aufgabenbereich der weltlichen Obrigkeit überführt. In die Kirchenreform wurden auch die Schulen einbezogen. So forderte er auch den Schulunterricht für Mädchen und den Zugang aller Schüler zur höheren Schulbildung.

Neben Luther gilt Brenz als bedeutendster Katechismusautor des lutherischen Protestantismus. 1530 nahm er am Reichstag zu Augsburg teil und verfasste zusammen mit Philipp Melanchthon das Augsburger Bekenntnis. Zu seinen bekannten Nachfahren gehören z.B. Dietrich Bonhoeffer, Friedrich Hegel, Herman Hesse, Patrick Süskind, Ludwig Uhland, Carl- und Friedrich von Weizäcker.

2. Katharina Schütz-Zell.
Schütz-Zell

Sie wurde 1497 in Straßburg geboren und wird auch als Reformatorin der ersten Stunde bezeichnet. Sie gehörte zu den wenigen Laientheologinnen, die sich auch publizistisch in den Streit um die reformatorischen Erkenntnisse und ihre praktische Umsetzung eingebracht hatten. Legitimiert durch biblische Aussagen nahm sie das Priestertum aller Getauften ernst und sah sich auch als Frau aufgerufen, ihren evangelischen Glauben mit Wort und Tat zu bezeugen und öffentlich zu verteidigen. 1523 heiratete sie öffentlich den Priester Matthias Zell im Straßburger Münster, der bereits seit 1521 im Sinne der Reformation im Münster predigte. Zusammen mit ihrem Mann kümmerte sie sich um Arme, Kranke, Leidtragende und Gefangene auch im eigenen großen Pfarrhaus. Sie stand in regen schriftlichem Kontakt mit Martin Luther.

Schütz-Zell

Eine besondere Rolle in dieser Umbruchszeit spielte schließlich auch der Theologe Erasmus von Rotterdam (1466-1536), der als einer der bedeutendsten und einflussreichsten Repräsentanten des europäischen Humanismus galt. Durch sein Eintreten für relative Religionsfreiheit versuchte er eine Zwischenposition zwischen katholischen und auch des lutherischen Dogmatismus einzunehmen. Der Priester und Mönch Erasmus übte scharfe Kritik an den Missständen in der Kirche und trat für eine innere Reform der katholischen Kirche ein. Als kritischer Denker seiner Zeit zählte er zu den Wegbereitern der europäischen Aufklärung.

-HS-

Quellen:
Reformationen: Hintergründe-Motive-Wirkungen.
Herausgegeben von Heike Frauenknecht, Frieder Leube, Birgit Rommel, Karola Vollmer, Petra Waschner. Stuttgart 2014
www.wikipedia.de