Der Apostelbrief

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Auf ein Wort

Autor

Liebe Gemeinde,

„Ich habe wiederholt gesagt, dass das ganze Unglück der Menschen daher kommt, dass sie nicht imstande sind, ruhig in ihrem Zimmer zu bleiben“, schreibt Blaise Pascal (1623-1662) in seinen „Pensées“. Und hat er nicht Recht? Wären die Menschen ruhig und zufrieden in ihren Zimmern geblieben, hätte es keine Kreuzzüge und keine Kolonisation gegeben.

Also Urlaub auf Balkonien? Goethe hält dagegen: „Die beste Bildung findet ein gescheiter Mensch auf Reisen“. Und da ist ja durchaus auch etwas dran. Die größte Engstirnigkeit findet sich bei den Menschen, die nie über den eigenen Tellerrand hinaus geschaut, sich nie auf andere Kulturen eingelassen haben. Allerdings kenne ich nicht wenige Menschen, die Urlaubsländer abhaken, wie eine lange To-do-Liste, im Wettkampf mit Freunden und Nachbarn. Ob sie sich jemals auf die dortigen Menschen und ihre Kultur eingelassen haben - da habe ich meine Zweifel. Die Ferienanlagen in den Hochglanzprospekten von TUI und Co. gleichen sich zum Verwechseln. Ob sie nun in der Türkei, in Tunesien oder in der Dominikanischen Republik liegen.


Heute schleichen sich zusätzlich ethische Zweifel in die Urlaubsplanungen ein: Heize ich mit meinen Urlaubsfahrten und -flügen nicht unnötig die globale Erwärmung an? Würde nicht der Planet kollabieren, würden sämtliche Chinesen und Inder so in der Welt herumjetten, wie wir Deutschen? Kann ich wirklich mit gutem Gewissen hunderte Euros aus den Geldautomaten ziehen, während meine griechischen Gastgeber gerade mal 60 Euro abheben dürfen? Will ich wirklich im Mittelmeer tauchen auf die Gefahr hin, auf ertrunkene Flüchtlinge zu stoßen?

Der große griechische Philosoph Aristoteles empfahl in allen Dingen das rechte Maß zu halten und Extreme zu vermeiden. Buddha predigte Achtung vor allem Lebendigen. Jesus die Liebe zum Nächsten und zum Fremden. Keiner von ihnen hätte das Reisen wohl verboten. Aber alle hätten sie wohl gesagt: Tut es mit Maß, Achtung und Bescheidenheit. Und so sanft wie möglich.

Einen erholsamen Sommer wünscht,

Ihr Pfr. J. Riedel