Der Apostelbrief

Dezember 1998 - Januar 1999
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Gedanken zur Jahreslosung 1999
JAHRESLOSUNG 1999
Jesus Christus spricht:
Siehe, ich bin
bei euch
alle Tage
bis an der Welt
Ende.
Matthäus 28, Vers 20

Ich hätte es nicht für möglich gehalten, aber scheinbar macht sich tatsächlich in manchen Kreisen eine gewisse Hysterie breit. Wie so oft in früheren Jahrhunderten. »Man merkt's doch schon überall«, sagt eine Schülerin der 8. Klasse. »Diese ganzen Katastrophen. Das Klima ändert sich. Und der Nostradamus hat's doch auch vorhergesagt: Die Welt geht unter«. Die Diskussion geht hin und her. Manche lachen. Aber dann merken sie, daß diese Mitschülerin und zwei, drei andere das ernst meinen. Irgendwann zwischen 2000 und 2010 wird wohl das Ende sein, davon sind sie überzeugt. Ich frage mich, welche Jugendzeitschrift da wohl wieder einmal auf fahrlässige Weise Angst geschürt und die Auflage erhöht hat. Wenn die statt solcher Pseudoreligiosität ein christliches Grundwissen und Lebensgefühl vermitteln würden – goldene Zeiten für die Zukunft unseres Glaubens.

Allerdings – das soll nicht verschwiegen werden – den einen christlichen Glauben gab und gibt es auch nicht. Gerade was diese letzten Dinge angeht, an die man unwillkürlich denkt im letzten Jahr vor der Jahrtausendwende, da waren sich schon die biblischen Schriftsteller nicht ganz einig. Einige knüpften an die spätjüdische Tradition der sogenannten »Apokalyptik« an, wonach die Welt einmal mit lautem Knall untergehen wird. Für andere spielen solche Spekulationen so gut wie keine Rolle. In der Hauptschrift des Paulus etwa, dem Römerbrief, wird nirgends mit wohligem Gruseln in künftigen Katastrophen geschwelgt. Seine Hoffnung ist eher mit den Begriffen »Verwandlung« und »Vollendung« zu beschreiben. Das Warten der ganzen Schöpfung zielt auf das Offenbarwer-den der neuen Schöpfung. Der Tag X macht die Raupe zum Schmetterling. Freut euch darauf So denkt Paulus.

Wie auch immer: Wir müssen das Ende nicht fürchten, weil der sich mit uns verbündet hat, der dem Ende das Fürchterliche genommen hat: Ich bin bei euch alle Tage bis an das Ende der Welt.

Daß das Ende ausgerechnet im Jahr 2000 kommt, halte ich für sehr unwahrscheinlich. Vielleicht für einzelne von uns. Aber nicht für das Ganze. Und wenn doch? Na, dann werden wir ja sehen, was wir geglaubt haben.

Mit den besten Wünschen für die Weihnachtszeit und das neue Jahr.

Ihr Pfr. J. Riedel