Der Apostelbrief

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Jetzt und hier

Autor

In Wilhelm Buschs Bildergeschichte von Plisch und Plum kommt unter anderem ein »Mister Pief« vor, der sich die Landschaft immer nur durch ein Teleskop anschaut. Seine Begründung: »Schön ist es auch anderswo, und hier bin ich ja sowieso«. Es kommt, wie es kommen muss – Mister Pief stolpert und fällt in einen Teich.

Auch wenn wir nicht den ganzen Tag durch ein Teleskop schauen, kommt uns die Grundidee vielleicht bekannt vor. Während wir einen Termin wahrnehmen, planen wir im Hinterkopf schon den nächsten, während wir noch Fenster putzen, sind wir gedanklich schon beim Einkaufen. Multitasking heißt das neudeutsch. Zeit ist schließlich knapp und das Leben ist kein Ponyhof.

Der Begriff Multitasking kommt aus der Informatik und dort beschreibt er in der Regel eine Illusion: es sieht so aus, als ob der Computer mehrere Programme gleichzeitig ausführt. In Wirklichkeit wechselt er aber nur so schnell zwischen den Programmen hin und her, dass es so aussieht, als ob die Programme gleichzeitig laufen. Genauso ist es bei uns Menschen: wer gleichzeitig telefoniert, fernsieht und E-Mails beantwortet, macht das nicht wirklich gleichzeitig. In der Regel merkt man das den E-Mails oder dem Telefonat auch an.

In der Bibel kommt das Wort Multitasking nicht vor. Im Gegenteil: immer wieder wird beschrieben, wie Menschen sich ganz und gar auf eine Sache konzentrieren, die ihnen gerade wichtig ist. Im Buch Hiob kann man nachlesen, dass die Freunde Hiobs kamen, um Hiob zu trösten. Sieben Tage blieben sie, um mit Hiob zu weinen und ihm zuzuhören – keine E-Mails, keine Handytelefonate, keine SMS.

Menschliches Leben und christlicher Glaube basieren auf Beziehungen zwischen Menschen und zwischen Mensch und Gott. Damit Beziehungen gelingen können, ist es notwendig, dass wir uns gegenseitig immer wieder ungeteilte Aufmerksamkeit schenken, so wie es die Freunde Hiobs taten.

Für viele von uns mag es schwierig sein, sich eine Woche frei zu machen, um mit einer Freundin oder einem Freund zu trauern oder zu feiern. Aber wenn wir mit anderen reden oder ihnen einfach nur zuhören, sollten wir ihnen unsere ganze Aufmerksamkeit schenken und den nächsten Termin oder den Ärger mit der Schwiegermutter für einen Moment ignorieren.

Dasselbe gilt, wenn wir mit Gott reden, wenn wir im Gottesdienst sind oder beten. Es würde uns gut tun, wenn wir für diese Zeiten die Vielzahl der Alltagsgedanken zurückdrängen und uns auf die Begegnung mit dem lebendigen Gott einlassen könnten.

Das ist nicht einfach, aber der Mühe wert.

-pv-