Der Apostelbrief

Juni - Juli 2014
Voriger Apostelbrief
Apr. - Mai 2014
Nr. 104
Nächster Apostelbrief
Aug. - Sep. 2014
Beliebigen Apostelbrief wählen ...
1997:

1998:

1999:

2000:

2001:

2002:

2003:

2004:

2005:

2006:

2007:

2008:

2009:

2010:

2011:

2012:

2013:

2014:
104

2015:

2016:

2017:

2018:

2019:

2020:

2021:

2022:

2023:

2024:

Befreit

Autor

Wenn ein prominenter Zeitgenosse, zum Beispiel ein Fußballmanager, vor Gericht steht und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wird, kann man sicher sein, beim nächsten Friseurbesuch in den ausliegenden Illustrierten ausführliche Berichte über den Alltag hinter Gittern lesen zu können. Wird der Promi in seiner Zelle einen Fernseher haben? Wie sieht es mit Handy und Computer aus? Hat er eine Einzelzelle oder muss er vielleicht mit anderen »schweren Jungs« die Zelle teilen?

Aber egal wie groß die Zelle ist, welche Kleidung man trägt und wie oft man telefonieren darf: das Gefängnis ist die schärfste Sanktion, die unser Strafrecht kennt. Der Gedanke mag verlockend sein, eine Zeit lang aus den Zwängen des Alltags auszusteigen und einfach weg zu sein. Aber es ist ein Unterschied, ob man freiwillig zu Exerzitien ins Kloster geht oder sogar als Eremit in die Wüste, oder ob man ins Gefängnis muss, weil ein Richter das so entschieden hat.

Gefangen sein, nicht tun und lassen zu können was man will und nicht dahin gehen können, wohin man will – diese Erfahrung machen viele Zeitgenossen auch, wenn sie keine Haftstrafe verbüßen müssen. Es gibt auch unsichtbare Gefängnisse in unserem Leben: die Familie kann zu so einem Gefängnis werden, der Beruf oder sogar Angewohnheiten wie Rauchen, Essen oder Trinken.

Die Befreiung des Menschen aus allen Verstrickungen und Bindungen hin zu einem freien und selbstbestimmten Leben ist einer der Kernpunkte des Evangeliums.

»Du stellst meine Füße auf weiten Raum« lesen wir in Psalm 31. Dort wird aber auch klar, dass diese Freiheit darauf beruht, dass Gott dem Beter nahe ist, »sein Elend ansieht« und »sich seiner in Not annimmt«.

Dieselbe Erfahrung gibt der Prophet Jesaja an das Volk Israel in der Gefangenschaft in Babylon weiter: »Die Ihre Hoffnung auf den Herrn setzen, schöpfen neue Kraft. Sie bekommen Flügel wie Adler. Sie gehen und werden nicht müde, sie laufen und sind nicht erschöpft.« (Jesaja 40, 31).

Menschen, die sich auf Gott verlassen, sind frei, auch wenn sie nach menschlichem Ermessen Gefangene sind. Sei es, dass sie wirklich im Gefängnis sitzen wie Paulus und Silas, die bei Nacht in ihrer Zelle Lieder zum Lob Gottes singen (Apostelgeschichte 16,25), sei es dass sie durch Zwänge des Berufs oder der Familie gefangen sind.

Manchmal öffnet unser Gebet wie bei Paulus und Silas das Gefängnis, in dem wir gerade sitzen. Aber auch wenn sich unsere objektive Situation nicht ändert, können wir im Vertrauen auf Gott souveräner mit eben dieser Situation umgehen – befreit eben.

-pv-