Der Apostelbrief

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Aufs Kreuz gelegt

Kreuz

Eine Firma, die heute auf sich hält, hat ein graphisches Erkennungszeichen, ein »Logo«. Werbegraphiker und Psychologen zerbrechen sich Wochen und Monate die Köpfe über ein solches Zeichen: originell und doch zeitlos soll es sein, auffällig und doch elegant.

Eins der ältesten und zugleich seltsamsten »Logos« ist das Kreuz, das Christen in verschiedenen Varianten seit zwei Jahrtausenden als Erkennungszeichen führen: ein Hinrichtungsinstrument und noch dazu eins der schaurigsten, das man sich vorstellen kann. Unter werbetaktischen Gesichtspunkten wäre ein Fisch als Symbol der Kirche sicher geschickter gewesen.

Aber in diesem Fall geht es nicht um Marketing, sondern ums Ganze: um Leben und Tod. Als der Apostel Paulus in Korinth predigte, drehte sich seine ganze Botschaft um »Christus den Gekreuzigten« (1. Kor. 2,2). Weder die Geburt Jesu an Weihnachten, noch seine Auferstehung am Ostermorgen, sondern sein Leiden und Sterben am Karfreitag waren das Zentrum der Verkündigung des Paulus. Und das, obwohl das damals »den Juden ein Ärgernis und den Griechen eine Torheit« (1. Kor. 1,23) war und obwohl es uns heute archaisch, grausam und unverständlich erscheint, daß der Tod Jesu am Kreuz auf Golgatha unbedingte Voraussetzung gewesen sein soll, um uns Menschen mit Gott zu versöhnen. Was im christlichen Fachchinesisch »Sünde« heißt, und Paulus zufolge unweigerlich zum Tode führt (Röm 5,23), ist nicht primär die Verletzung von Moralvorstellungen oder frommen Gesetzen. Sünde bedeutet: der Mensch will klüger sein, als sein Schöpfer. Spätestens im Angesicht von Krankheit und Tod erfahren wir aber unsere eigene Verletzbarkeit und Machtlosigkeit. Und deshalb ist die Predigt des Paulus vom gekreuzigten Christus so wichtig: Menschliche Bosheit, Krankheit und Tod haben nicht das letzte Wort. Christus hat sie stellvertretend für uns auf sich genommen.

Schön gesagt, aber wo sind sie Beweise? Am Ostermorgen zeigt sich der »Erfolg« Christi in seiner Auferstehung von den Toten. Das war zumindestens den Jüngern damals Beweis genug um ein Leben der Entbehrungen und der Verfolgung und schließlich den Mätryrertod auf sich zu nehmen. Und wenn wir einst selbst von den Toten auferstehen, wie wir es in jedem Gottesdienst bekennen, dann ist das auch eine Konsequenz des Leidens und Sterbens Jesu. Insofern ist das Kreuz vielleicht doch kein so schlechtes Logo für die Christen. Und dazu ein passender Slogan: Gott - der tut was.

-pv-