Der Apostelbrief

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Kirchenasyl in der Apostelkirche


Die Praxis des „Kirchenasyls“, d.h. das Gewähren von Schutz vor staatlicher Verfolgung in den Räumlichkeiten und auf dem Gelände der Kirche, reicht in die Zeit des frühen Christentums zurück, aufbauend auf der antiken Tradition an heiligen Stätten vor Verfolgung immun zu sein. Besondere Bedeutung erlangte es, im Mittelalter; dann wieder ab etwa den 1980iger Jahre, und hat mit der derzeitigen Flüchtlingswelle infolge der diversen Krisenregionen neue Aktualität bekommen. Die Behörden sind über den Aufenthalt der Personen informiert. Ihr Status gilt damit nicht als illegal. Kirchenasyl wird derzeit geduldet. Sie erhalten keinerlei finanzielle Unterstützung. Zur Zeit leben deutschlandweit ca 470 Menschen im Kirchenasyl (Daten: www.kirchenasyl.de"). Zur Unterstützung steht ein Berater der evangelischen Landeskirche zur Verfügung.

Im Frühjahr hat sich der Kirchenvorstand der Apostelkirche ausführlich mit dem Thema Kirchenasyl beschäftigt. Mehrheitlich haben wir uns dafür ausgesprochen, Schutzsuchenden dieses zu gewähren. Eine mutige, unbequeme Entscheidung und ein Sprung ins kalte Wasser. Bereits wenige Tage später nahmen wir zwei junge kurdische Syrer auf. Sie haben ihre Heimat, den kurdischen Teil Syriens verlassen vor der zwangsweisen, allen jungen Männern drohenden Rekrutierung in eine der in dem unübersichtlichen, grausamen Krieg kämpfenden Parteien. Auf ihrer Flucht in ihr Zielland Deutschland wurde ihnen in Bulgarien gewaltsam Fingerabdrücke genommen, das bedeutete die erste Registrierung innerhalb der EU und damit die Ablehnung ihres Asylantrages hier mit der Begründung einer Nichtzuständigkeit nach der Dublinverordnung. Danach kann ein Asylantrag nur in einem EU-Land gestellt werden, und zwar i.d.R. in dem der ersten Registrierung auf EU-Territorium. Eine Abschiebung nach Bulgarien wurde angeordnet. Die Bedingungen und Aussichten in diesen in erster Linie ost- oder südeuropäischen Ländern ist überwiegend als problematisch anzusehen, zumal nach den Erfahrungen, die beide bereits in Bulgarien gemacht hatten. Die drohende Rückführung, nachdem sie bereits einen Deutschkurs begonnen und einer sogar schon eine Arbeit in einem handwerklichen Betrieb in Aussicht hatte, hatte bei ihnen erhebliche Existenzängste ausgelöst. Inzwischen leben sie seit fast 5 Monaten bei uns. Anfangs ging es Hals-über-Kopf. Aber dank diverser Sachspenden gelang es innerhalb weniger Tage einen Raum im Untergeschoss der Apostelkirche auszustatten.

Ein ehrenamtlicher Helferkreis hatte sich schnell gefunden für die tägliche Versorgung und Unterstützung in allen Belangen des täglichen Lebens, also in erster Linie Lebensmittel, Wäsche, aber falls nötig auch Medikamente und ärztliche Versorgung. Moderne Kommunikations­möglich­keiten helfen die extreme Situation besser durchstehen zu können. So können sie Kontakt zu Angehörigen in deren unsicherer Heimat aber auch in Deutschland lebenden Verwandten und Freunden halten. Zwei Gerbrunner Lehrerinnen haben sich dankenswerter Weise bereit erklärt, ihnen Deutschunterricht zu erteilen und das oft mehrfach wöchentlich. Mit Erfolg! Beide haben sich beeindruckend mit der schwierigen Situation arrangiert. Natürlich zählen sie die Tage, bis sie endlich erfolgreich einen Asylantrag in Deutschland stellen können. Dies ist formal möglich, wenn eine Abschiebung 6 Monate nicht erfolgt ist. Die Sorge, nicht hierbleiben zu dürfen, bleibt aber gegenwärtig. Auch uns, zumindest kann ich das für mich sagen, hat der Kontakt mit beiden in vielerlei Hinsicht bereichert. Und das nicht nur, was meine sehr beschränkten Kenntnisse im Tischkickerspielen angehen.

Kirchenasyl

Wir hoffen sehr, den beiden eine Perspektive auf eine sichere Zukunft gegeben zu haben und wünschen ihnen Gottes Segen für ihren weiteren sich nicht einfachen Weg. Herzlicher Dank an alle bisherigen Spender, sei es von Sach- oder Geldspenden! Über finanzielle Unterstützung freuen wir uns weiterhin. Gerne können sie diese im Pfarrbüro zu den üblichen Öffnungszeiten abgeben, nach dem Gottesdienst oder auch per Überweisung tätigen. (Bankverbindung: Apostelkirche Gerbrunn, Sparkasse Mainfranken, IBAN: DE26 7905 0000 0043 1706 87, BIC: BYLADEM1SWU Betreff: Kirchenasyl). Selbstverständlich werden auf Wunsch Spendenquittungen ausgestellt.

Stefanie Held